Katholisches Zentrum im Herzen der Stadt
Eine historische Stunde für die Katholiken Wiesbadens: So nannte der damalige katholische Stadtdekan Christian Jung den Tag der Einweihung. Am 19. Februar 1972 wurde im Herzen der Stadt in der Friedrichstraße das Roncalli-Haus als Zentrum der Katholiken eröffnet. Das nach einem Konzept des Architekten Professor Johannes Krahn und einer Bauzeit von rund zwei Jahren entstandene Gebäude verdankt seinen Namen Papst Johannes XXIII., der bürgerlich Angelo Giuseppe Roncalli hieß. Die mit ihm verbundene Programmatik ist bis heute aktuell: Im Sinne des von ihm eröffneten II. Vatikanischen Konzils wollen die hier beheimateten Einrichtungen mit ihren rund 130 Mitarbeitenden die aktuellen Anliegen, Themen und Sorgen der Menschen aufgreifen. Nach 50 Jahren steht jetzt eine umfangreiche Sanierung und Neuaufstellung des Hauses an. Sie soll zusammen mit dem Bistum Limburg zeitnah angegangen werden, wie Bischof Georg Bätzing im Rahmen seiner Visitation im vergangenen Jahr versichert hat.
Am geschichtsträchtigen Ort
Der Ort, an dem das Roncalli-Haus entstand, hat eine lange und ehrwürdige katholische Geschichte. Hier war 1856 mit der Ankunft von drei Schwestern der „Armen Dienstmägde Jesu Christi“ (ADJC) für die ambulante Krankenpflege der Grundstein für das weniger Jahre später errichtete „Hospiz zum heiligen Geist“ gelegt worden. Das Haus hatte seinerseits eine wechselvolle Geschichte, unter anderem diente es im deutsch-französischen Krieg als Lazarett. Später wurden Patienten mit inneren Leiden und Kurgäste aufgenommen, auch mittellose Bürger konnten hier eine Kur bekommen. 1965 wurde das Hospital mit dem inzwischen neu am Langenbeckplatz erbauten Josefshospital zusammengelegt. Vier Jahre später machte der Abriss des Hauses an der Friedrichstraße den Weg frei für den Bau des Roncalli-Hauses. 1994 wurde durch einen Erweiterungsbau Platz geschaffen für Konferenzen, Tagungen, Veranstaltungen und weitere Büros. Dabei wurde auch die ursprüngliche Idee des Architekten, die Öffnung der Fassade im Erdgeschoss, verwirklicht.
Mauritius sitzt zu Füßen des Gekreuzigten
Die 1993 fertiggestellte und in späteren Jahren noch einmal umgestaltete Roncalli-Kapelle ist das spirituelle Herz des Hauses - hell, geräumig und mit beeindruckender Atmosphäre. Das große Ikonenkreuz an der Stirnwand hat der in Wiesbaden lebende Ikonenmaler Makarius Tauc eigens für diesen Raum angefertigt. Zu Füßen des Gekreuzigten, der mit offenen Augen dargestellt ist, lebendig und den Menschen zugewandt, sitzen der heilige Mauritius, Wiesbadens Stadtpatron, und Papst Johannes XXIII. Hier werden Hausgottesdienste gefeiert, die Mitarbeiter treffen sich in der Advents- und Fastenzeit zu Morgengebeten, es gibt Feiern im byzantinischen Ritus, Abendgebete der Gemeinschaft Sant‘ Egidio, ökumenische Frauengebete und die indischen Schwestern des in der Pfarrei St. Bonifatius beheimateten Sion-Konvents der SABS laden ein zur eucharistischen Anbetung.
Das RoncalliFoyer als Türöffner
Nach dem Auszug des prominent im Erdgeschoss untergebrachten Kundencenters einer Krankenkasse, bekam das Roncalli-Haus 2009 mit dem Katholischen Sozialladen des Caritasverbandes Wiesbaden-Rheingau-Taunus ein neues Aushängeschild. 2014 umbenannt in RoncalliFoyer befindet sich hier seitdem die Zugangstür zu den vielfältigen Beratungsdiensten der Caritas im Haus, angefangen bei sozialen Problemstellungen bis zur Beratung rund um Schwangerschaft. Hilfe gibt es unter anderem auch beim Beantragen der Rente und dem Erstellen von Patientenverfügungen und Testamenten.
Außer dem Caritasverband, der hier auch eine Kindertagesstätte unterhält, beherbergt das Haus mit seinen zwei Gebäudeflügeln das Katholische Stadtbüro, sowie die Erwachsenenbildung, die Familienbildung und das Amt für Religionspädagogik. Alle drei Fachstellen sind für Wiesbaden, den Rheingau und den Untertaunus zuständig. Untergebracht sind im Roncalli-Haus zudem der Gesamtverband der katholischen Kirchengemeinden Wiesbadens, Gemeindeberatung und Organisationswicklung sowie Einrichtungen des Malteser Hilfsdienstes.
Zur Stadt hin durchlässig
Ein zentraler Gedanke des Baukonzeptes vor 50 Jahren war es, einen öffentlichen Weg zwischen dem Kirchenareal der St. Bonifatius-Kirche und dem Roncalli-Haus hindurch auf die Friedrichstraße zu schaffen. „Die Idee dieser Passage und der Durchlässigkeit zur Stadt hin ist weiterhin hochaktuell“, ist Stadtreferent Thomas Weinert überzeugt. Zu einer einladenden Atmosphäre und einer weiteren Öffnung des Hauses hin zur Friedrichstraße könnte zum Beispiel die Einrichtung eines Cafés im Foyer beitragen. Jetzt gelte es, so Weinert, das Haus so aufzustellen, dass auch in Zukunft der vor 50 Jahren gegebene Auftrag erfüllt werden könne, ein Haus der Dienste für die Menschen in dieser Stadt zu sein.